Kulturstiftung des Bundes Staatliche Museen zu Berlin – Preußisher Kulturbesitz

Wie können Veränderungsprozesse in Museen angestoßen werden und welche Werkzeuge müssen kulturelle Bildungsarbeiter*innen entwickeln, um der Diversität und der sich wandelnden sozialen und kulturellen Zusammensetzung von Gesellschaft adäquat zu begegnen? Wie können Akteur*innen der Bildungsarbeit die eigene Praxis konstruktiv reflektieren? Wie kann eine diskriminierungskritische Bildungsarbeit gelingen?

Dies waren leitende Fragestellungen von lab.Bode. Der Fokus lag dabei darauf, aktuelle soziale und politische Themen aufzugreifen und mögliche Anknüpfungspunkte in den kulturhistorischen Sammlungen des Bode-Museums zu identifizieren. Im lab.Bode pool zeigen wir einen Ausschnitt der verschiedenen Perspektiven und Stimmen, die dazu beigetragen haben, das Museum und seine Sammlungen machtkritisch auf Aktualität, Relevanz, Formen von Repräsentation und Leerstellen zu befragen. Carmen Mörsch und Peggy Piesche reflektieren in ihrem Textbeitrag die historisch gewachsene koloniale Verfasstheit der Institution Museum und deren Kontinuitäten in der Gegenwart. In weiteren Interviews, Texten, Vorträgen, Leitfäden und Praxisbeispielen kommen Expert*innen in Residence, kulturelle Bildner*innen, Netzwerke, Jugendliche und Lehrkräfte zu Wort.

Warum ist es für das Museum wichtig, rassismus- und diskriminierungskritisch zu arbeiten?
Carmen Mörsch und Peggy Piesche reflektieren in ihrem Textbeitrag die historisch gewachsene koloniale Verfasstheit der Institution Museum und deren Kontinuitäten in der Gegenwart. Schwerpunkt ihrer Betrachtung liegt auf der Ungleichheitskategorie Rassifizierung. Sie nehmen mit diesem Fokus eine historische Bestandsaufnahme der Institution Museum vor, das in seiner Entstehung von sozialen Ausschlüssen und der Normalisierung von Gewaltverhältnissen geprägt ist. An aktuellen Beispielen von Ausstellungs- und Vermittlungskonzepten im Bode-Museum werden Ansätze von diskriminierungskritischer Museumsarbeit kritisch analysiert und Leerstellen aufgezeigt. Carmen Mörsch ist Künstlerin, Kulturwissenschaftlerin und Kunstvermittlerin und begleitete lab.Bode 2017 bis 2019 in der Rolle der „kritischen Freundin“. Peggy Piesche ist Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und transkulturelle Trainerin für Intersektionalität, Diversität-Inklusion, Rassismus- und Machtkritik sowie für kritische Weißseinsforschung in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik.
Zum Themenfeld „Diskriminierungskritisch arbeiten“ sind hier verschiedene Videos vergangener SET-Veranstaltungen in chronologischer Reihenfolge zu sehen: Natalie Bayer (Friedrichshain-Kreuzberg Museum), Sandrine Micossé-Aikins (Diversity Arts Culture) und Miriam Camara (akoma coaching & consulting) besprechen in ihren Beiträgen, warum Museen diskriminierungskritisch arbeiten müssen und wie Diversifizierungsprozesse nachhaltig umgesetzt werden können.
Museen befinden sich in einem stetigen Wandel und neue, kritische Perspektiven auf die Institution Museum sind für deren nachhaltige Veränderung unabdingbar. Diesen kritischen Blick ermöglichte Azadeh Sharifi, besonders mit ihrem Schwerpunkt auf (post-)migrantische Perspektiven, im Rahmen ihrer lab.Bode-Residency im September 2018. Daraus entstanden ist, neben zwei Interviews, eine Reflexion über ihre Zeit bei lab.Bode, die die vielseitigen Problematiken in einer weißen Institution aus einer Women of Color-Perspektive erläutert.
Wie kann diskriminierungskritische Bildungsarbeit im Museum aussehen?
Seit 2018 ist das Bode-Museum Teil des Netzwerks Museen Queeren Berlin. In einem Interview mit Netzwerkvertreter*innen wird besprochen, welche Relevanz „queeren“ in Bildungskontexten hat und wie die Praxis des „Queerens“ Museen dabei unterstützt, Sammlungen und Ausstellungen hinsichtlich heteronormativer und binärer Setzungen zu hinterfragen, um Ausschlüsse zu minimieren. In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk wurde unter anderem der Workshop „Let’s Talk about Sex and Art!“ entwickelt. Hier werden Einblicke in dieses diskriminierungskritische Format gegeben sowie didaktische Materialien und weiterführenden Ressourcen vorgestellt.
Ausgehend von den Themen „anders sein“ und „Gerechtigkeit“ reagierten Schüler*innen der 7. Klasse des Thomas-Mann-Gymnasiums während einer Projektwoche auf die Ausstellung Unvergleichlich: Kunst aus Afrika im Bode-Museum. Die Schüler*innen fragten danach, was es heißt „gleichwertig“ und „anders“ zu sein und brachten die Exponate sowohl inhaltlich als auch praktisch mit ihren persönlichen Lebenswelten in Verbindung. Aus den Projekterfahrungen resultieren folgende Fragen: Wie lässt sich in einem rassistischen Ausstellungskontext rassismuskritisch arbeiten? Welche Herausforderungen treten dabei auf? Und wie können wir ihnen begegnen?
Was ist Macht? Wie wird Macht inszeniert? Was hat Kunst und Architektur mit diesen Begriffen zu tun oder: Wie viel Power steckt im Museum? Das Projekt „Bode.Power“ führte Schüler*innen über einen Dialog mit der Skulpturensammlung, den Gemälden und der Architektur des Bode-Museums an diese Fragen heran. Unterstützt von Tanz- und Theaterpädagog*innen entwickelten sie eine experimentelle, performative und interaktive Führung zum Thema Macht durch die ständige Ausstellung des Bode-Museums.
Harold Offeh ist Künstler und Kunstvermittler mit Arbeitsmittelpunkt in London. Seine Auseinandersetzung mit Machtdynamiken und Zugängen zu Kultur basiert auf der im angelsächsischen Raum bereits tradierten Erfahrung mit (Jugend-)Beteiligungsformen und Community Engaged Art. In seinem Interview spricht er darüber, wie Museen Raum für junge Menschen schaffen können, um ihnen eine Plattform zu bieten. Wichtig sei es dabei, Kinder und Jugendliche ernst zu nehmen, ihnen offen gegenüberzutreten und zuzuhören.
Stephanie Endter, Weltkulturen Museum, Frankfurt am Main
Befragung der eigenen Praxis und Rassismuskritik
Wie kann eine diskriminierungskritische Bildungsarbeit gelingen? Welche Aspekte sind wichtig, um eine rassismuskritische Sprache zu verwenden? Wie können Akteur*innen der Bildungsarbeit die eigene Praxis konstruktiv reflektieren? In einem Workshop zu Rassismuskritik präsentierte Stephanie Endter Ansätze der Aktionsforschung, die sie mit einem Vermittlungsteam am Weltkulturen Museum im Projekt „TRACES. Transmitting Contentious Cultural Heritages with the Arts“ anwandte.
Ganz nach dem Motto: „You can not be – what you can not see!“ muss die Frage gestellt werden: Wie können Museumsmitarbeiter*innen beziehungsweise Vermittler*innen Rollenmodelle sein, in denen sich (junge) Museumsbesucher*innen wiedererkennen und repräsentiert sehen? Praxisorientierte Materialien bieten Ansätze zur diskriminierungskritischen Weiterbildung von Kulturarbeiter*innen sowie eine Handreichung mit wichtigen Hinweisen, die zu einer diversitätsorientierten Nachwuchsförderung und Personalgewinnung beitragen können.